GFK Verkleidung reparieren

Hallo zusammen,

ich möchte nun auch einmal etwas Konstruktives beitragen was dem ein oder anderen vielleicht nutzt.

Wenn es um die Reparatur von Schäden an Rennverkleidungen geht dann sind teilweise die abenteuerlichsten Ideen zu sehen. Auch die entsprechenden Tutorials bei Youtube sind mit Vorsicht zu genießen.

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  1. Tapen
  2. Kleben der Beschädigung mit 5 Minuten Epoxyd.
  3. Kleben der Beschädigung mit 5 Minuten Epoxyd unter zusätzlicher Verwendung von Glasmatte aus dem Baumarkt.
  4. Einlaminieren einer Schicht Glasmatte von innen mit Polyester- oder Epoxydharz.
  5. usw

Für eine schnelle Reparatur am Rennwochenende mögen diese Möglichkeiten durchaus funktionieren. Aber eine dauerhafte Lösung stellen sie nicht dar, da der ursprüngliche Kräfteverlauf nicht mehr gegeben ist und die Stelle früher oder später durch Vibrationen oder andere Belastungen wieder reißen wird.

Es ist jedoch möglich auch große Schäden an GFK-Teilen so zu reparieren, dass zum einen die ursprüngliche Festigkeit und Elastizität nahezu wieder hergestellt wird und zum anderen diese völlig unsichtbar sind.

Ich hatte nun das große Glück von einem netten Forums-Mitglied (@harald63) eine Verkleidung zur Anprobe (meinen Tuono nach RSV Umbau) geschenkt bekommen zu haben. Diese hatte diverse Risse und Löcher. Da ich jedoch über mehr Zeit als Geld verfüge und mir das Material nicht ganz fremd ist habe ich mich entschlossen ihr eine zweite Chance zu geben und sie wieder in einen guten Zustand zu versetzen.

So wird’s gemacht:

  1. Entfernen der alten Folierung. Alles muss runter bis auf das letzte Fitzelchen. Muss eh neu foliert werden. Bei einer lackierten Verkleidung kann der Lack zunächst bleiben.

  2. Sichtung der Schäden. Alle Risse im Gewebe werden von innen und außen mit Edding angezeichnet.

  3. Heften von Bruchstücken. Die Stellen an denen das Gewebe völlig durch ist werden mit Sekundenkleber in ihrer ursprünglichen Position fixiert.

  4. Schäften. So… dies ist nun der entscheidende Unterschied zu den herkömmlichen Methoden. Die Bruchstellen werden von außen
    mit Dremel und Schleifpapier geschäftet. Im Bereich des eigentlichen Risses sollte am Ende dass Material nur noch papierdünn sein. Es dürfen auch kleinere Löcher in diesem Bereich entstehen. Nach außen hin wird möglichst flach geschliffen so dass vom Riss weg die Materialdicke ansteigt. So wird vermieden, dass das Material direkt neben dem alten Riss wieder bricht oder reißt.

5.Plätzlimethode. Man bereitet sich einen ganzen Haufen kleiner Stücke aus 80er Glasgewebe vor (ca. 1x1 bis 2x2cm). Anschließend wird die gesamte geschäftete Stelle mit Epoxydharz eingepinselt (mit dem Fön leicht erwärmen damit es auch in die letzte Ritze eindringt). Nun arbeitet man mit dem Pinsel kreuz und quer die vorbereiteten Schnipsel in die Bruchstelle ein bis an allen Stellen die ursprüngliche Materialdicke wieder erreicht ist, besser etwas mehr. Von der Innenseite wird im Bereich der Bruchstelle eine Schicht 160er Gewebe einlaminiert. Vorher den entsprechenden Bereich leicht anschleifen.

Wichtig ist, dass das Gewebe nicht im Harz ertränkt wird sondern man relativ trocken arbeitet.

  1. Nach dem Trocknen wird die Stelle von Außen zunächst mit Feile und 80er Schleifpapier grob bearbeitet bis die ursprüngliche Kontur erreicht ist und dann die eventuellen Unebenheiten gespachtelt. Hierfür verwendet man am besten Epoxydharz das man mit Talkum andickt. Anschließend wird wieder geschliffen mit feinerem Papier und eventuell noch einmal gespachtelt. Der letzte Schliff erfolgt mit möglichst feinem Papier.

  2. Folieren oder lackieren. Fertig.

Größere Löcher werden von außen mit mehreren Schichten Klebeband geschlossen. Anschließend ein bis zwei Schichten 160er Gewebe von innen laminieren, bei zwei Schichten darauf achten, dass sie gestuft eingearbeitet werden damit keine neue Sollbruchstelle entsteht. Nach dem Trocknen Klebeband entfernen und von außen wie beschrieben bearbeiten.


Was braucht man?

Dremel

Schleifklotz und Schleifpapier verschiedene Körnungen von 80er bis 600er

Glasgewebe 80er und 160er (Köper)

Epoxydharz mit mindestens 60 Minuten Verarbeitungszeit

Talkum

Eine gute Schere und einen Cutter

Pinsel

Leere Yoghurtbecher zum anrühren.

Eine sehr genaue Waage


Kein Polyester, keine Reperatursets aus dem Baumarkt usw. Das ist Schrott und führt nur zu Frust!


So da fehlt bestimmt noch ne Menge aber jetzt sind die Finger wund geschrieben und außerdem bin ich noch nicht fertig. Ich geh jetzt in die Garage schleifen.

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Risse grob mit Dremel freigelegt

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Mit Plätzlis aufgefüllt

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Erster Schliff

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Löcher von hinten bereits laminiert und schon geschäftet.

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Bilder vom fertigen Zustand folgen in ein paar Tagen

Coole Erklärung. Falls vorhanden würde ich statt dem Schleifbock einen Exzenterschleifer verwenden. Dann wirds genauer und kostet weniger Zeit/Energie.

Da ist was dran… wenn man so was hat :wink:

Großes Kino hier, Jungs. :+1:t2::+1:t2:

Ein grosses Dankeschön auch von meiner Seite für dieses Beitrag, Sebastian

Ich dachte bisher immer, GFK sei nicht gscheit zu reparieren. Wie du ja schreibst, geht es ja in diesem Fall darum, mehr Zeit als Geld zu investieren. Somit wieder was gelernt :thumbup: :thumbup:

Cool das meine „alte“ Verkleidung wieder auf die Rennstrecke darf und Danke an [mention]Gelre[/mention] Sebastian für den fachmännischen Beitrag :clap:

Wichtig ist dass man den gel coat aussen entfernt und innen und aussen die matrix öffnet und die Fasern frei legt.

Was schnell funktioniert wenn große Risse sind, wenn man Lochblech innen mittels mma Klebstoff klebt. Aussen kann man den auch auf den angefasten riss geben, danach mit Faserspachtel und Feinspachtel.
Innen kann man dann drüber laminieren wenn man will.

Der mma ist überlackierbar, Offenzeit 5min und nach 2h komplett durchgehartet.

Vorteil an der Geschichte, es geht sehr schnell, dabei sehr stabil und wenig Gewicht. Ideal für unter der Saison um nicht gleich eine Verkleidung kaufen zu müssen.

@dslr

Im Gegensatz zu Thermoplasten sind Faserverbundwerkstoffe sogar sehr gut zu reparieren. Man muss sich halt etwas mit dem MAterial beschäftigen und einige Regeln beachten. In meinem Fall hat mir mein früheres Hobby (F3B) da schon geholfen. Damals haben wir uns unser Wettbewerbsmaterial in Voll-GFK/CFK schon aufgrund des doch recht hohen Verschleisses selbst hergestellt. Aber das ist nun schon ein paar Jährchen her und ich muss mich da auch wieder reindenken. Optimal wäre auch ein Schäftigungsverhältnis von 1:50, bei der geringen Materialdicke der Verkleidung ist das aber kaum zu realisieren und für den Zweck reicht es auch. Werden ja keine 30G wie beim F3B erreicht :wink:


@harald63

Nix da, ich habe zu danken :wink:


@MotoMax

Ja, für die schnelle Reperatur während der Saison geht das natürlich auch so. Vorteil der beschriebenen Methode ist, dass die Optik zu 100% wieder hergestellt wird, kaum Mehrgewicht entsteht (bei mir keine 50 Gramm bei doch recht vielen Schäden) und ein erneuter Bruch an oder direkt neben der alten Stelle durch normale Belastungen nicht zu erwarten ist. Muss jeder selbst entscheiden ob er so viel Zeit in etwas stecken möchte was eventuell in der nächsten Saison wieder im Kies liegt aber mir machts Spaß und ist ja auch Winter :wink:

Bisschen später als angekündigt aber eben mal ein Bild vom bereits folierten Heck

Vorher:
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Nachher
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Gut erklärt Gelre, fühlte mich gerade wieder an meine Modelbauzeit erinnert :smiley: Im Übrigen auch F3B und F3J

Kleiner Tip: wer Epoxidharz andicken möchte und eine härtere Oberfläche erhalten möchte, der sollte anstatt Talkum Aerosilpulver nehmen. Ist auch deutlich leichter und widerstandsfähiger. Allerdings durch die Härte schwerer zu schleifen.
Im Gegensatz zu Glasfaserschnitzeln wird damit auch keine Verbindung geschaffen. Man sollte auch darauf achten, das auf jeden Fall bei Verwendung von Schnitzeln hinterher mit verdicktem Harz oder Lack versiegelt werden muss, da ansonsten die Struktur durch Nässe beschädigt werden kann.